Lektion 17

Proteinexpression

 
Inkubierende Bakterienkulturen (Quelle https://superfund.pharmacy.arizona.edu)



Um die Konzentration einer Bakterienkultur (d.h. die Menge der darin enthaltenen Zellen) zu messen, macht man sich eine physikalische Eigenschaft der Bakterien in Lösung zu nutze. Aufgrund ihrer sehr kleinen Größe (1-2 µm) verhalten sich Bakterienzellen in Lösung wie kleine Partikel, an deren Oberfläche langwelliges Licht gebrochen wird. Wenn man die Zellen mit einem Lichtstrahl definierter Wellenlänge (meist 578 nm) anstrahlt, wird das Licht an den Bakterien gebrochen, wodurch es nicht mehr gänzlich den Detektor erreicht. Es kommt zu einer Abnahme der Lichtintensität, die durch die Probe hindurch geht. Diese sogenannte Extinktion kann man in einem Photometer messen. Sie ein Mass für die Konzentration der Bakterienkultur.

Optische Dichte


Im Bereich 0-0,5 ist die optische Dichte linear, d.h. aus ihrem Wert kann auf die Bakterienzahl in der Kultur geschlossen werden. Zeigt die optische Dichte einen höheren Wert als 0,5 an, muss man die Probe verdünnen und erneut messen, um einen verlässlichen Wert zu bekommen.


Gewöhnlich impft man einen Tag vor der geplanten Proteinexpression eine kleine Übernachtkultur mit einer Bakterienkolonie an und lässt diese Kultur über Nacht bei 37°C auf einem Schüttler wachsen. Durch das Schütteln wird die Kultur kontinuierlich gemischt (Zellen setzen sich nicht ab) und sie wird dadurch mit Sauerstoff versorgt. Am nächsten Tag impft man eine grössere Expressionskultur mit einer recht niedrigen Konzentration (OD578 = 0,2) an und lässt sie bei 37°C auf einem Schüttler bis zu einer OD578 von 0,5 bis 0,8 anwachsen. In dieser Zeit vermehren sich die Bakterienzellen und treten aus der sogenannten Lag-Phase in die Log-Phase. Bei einer OD578= 0,5 - 0,8 gibt man anschliessend 1mM IPTG zu der Kultur. Hierdurch wird die Repression der T7 Polymerase aufgehoben. Das rekombinante Protein (in unserem Fall das Insulinfusionsprotein) kann transkribiert (und translatiert) werden. Die Dauer einer Proteinexpression muss jedoch für jedes individuelle Protein angepasst werden. Während man bei manchen Proteinen die optimale Ausbeute bereits nach einer Stunde erhält, müssen andere Proteine länger exprimiert werden, um eine optimale Ausbeute zu erreichen.
 
Wachstumskurve einer Bakterienkultur  (Quelle: Wikipedia)


Aber wie kann man nun überprüfen, ob zum Zeitpunkt X viel oder wenig rekombinantes Protein produziert wurde?
Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten: 
Eine schnelle aber weniger genaue Methode und eine zeitaufwendige Methode, die dafür aber hoch sensitiv und genau ist. Beide Methoden basieren auf einer der wichtigsten Methoden der Biochemie:



Die SDS Gelelektrophorese


Die SDS Gelelektrophorese ist eine Methode, mit deren Hilfe man Proteine elektrophoretisch auftrennen kann.

Hierzu gibt man mind. 0.1 % SDS zu der Proteinlösung. SDS erfüllt hierbei zwei wichtige Funktionen: Zum einen werden gefaltete Proteine denaturiert, so dass sie als lineare Polypeptidketten vorlegen. Zum Anderen ist SDS negativ geladen und bindet sehr effizient an das Protein. Hierdurch wird die Eigenladung des Proteins aufgehoben und alle Proteine werden negativ geladen. Hierdurch wird gewährleistet, dass beim Anlegen einer elektrischen Spannung die Proteine lediglich aufgrund ihrer Größe, nicht aber aufgrund ihrer Eigenladung zur Anode (+ Pol) wandern.

Während man für DNA und RNA Proben Agarose für die Matrix verwendet, wird für die Auftrennung von Proteinen ein Polyacrylamidgel aus Acrylamid und Bisacrylamid angefertigt. Acrylamid und Bisacrylamid sind im flüssigen Zustand sehr giftig (neurotoxisch, kann durch die Haut aufgenommen werden). Deshalb muss man bei der Anfertigung eines solches Gels immer Schutzkleidung und Handschuhe tragen. In Anwesenheit eines Radikals wird eine Polymerisation der Komponenten gestartet, die zur Ausbildung eines netzartigen Polymers führt. Die Porengröße ist dabei abhängig von der Konzentration der Komponenten. Die Polymerisation wird durch Radikale initiiert, die durch den chemischen Zerfall von Ammoniumpersulfat (APS) entstehen. Diese Radikale werden durch den Zusatz von Temed stabilisiert.
 



Polymerisation des Polyacrylgels (Quelle:  www.bio-rad.com/LifeScience/.../Bulletin_1156.pdf (modifiziert))



Bei der anschliessenden Gelelektrophorese können sich kleinere Proteine besser und damit schneller durch die Poren bewegen als größere Proteine, wodurch es zu einer Auftrennung unterschiedlich großer Proteine kommt.












Um nach Zugabe eines Inducers die Proteinexpression in der Bakterienkultur zu überprüfen, nimmt man jeweils ein Aliquot (ca. 50 µl) sowohl der induzierten Bakterienkultur als auch ein Aliquot nicht-induzierter Bakterienzellen (Entnahme vor der Induktion).  Mit Hilfe eines Spektrometers misst man nun die optische Dichte der jeweiligen Bakterienkultur (Verdünnung erstellen) und stellt die Probe auf die gleiche OD ein. Das jeweilige Zellvolumen wird kurz abzentrifugiert und in einem definierten Volumen SDS Probenpuffer resuspendiert. Die Proben werden 5 min bei 90°C gekocht. Durch die Hitze sowie die Komponenten im Probenpuffer (SDS, ß-Me), werden die Zellen aufgebrochen, die Proteine denaturiert und durch das SDS negativ geladen. Nun werden 20µl jeder Probe auf ein SDS-Gel aufgetragen udn elektrophoretisch aufgetrennt. Nach Beendigung des Gellaufs wird das Gel in Coomassie Lösung gefärbt und anschliessend entfärbt. Coomassie-Blau ist ein Farbstoff, der mit Proteinen wechselwirkt udn diese Blau färbt. Durch das Entfärben werden alle nicht gebundenen blauen Farbmoleküle aus dem Gel entfernt, sodass nur noch die jeweiligen Proteinbanden zu sehen sind:


In diesem Bild einer Beispielexpression sehen sie, dass nach IPTG Induktion bei 32,5 kDa eine Bande auftaucht, die vor der Induktion noch nicht zu sehen war. Dies ist das überexprimierte Protein.






Aufgabe 1



Sie haben eine 200 ml Bakterienkultur, die sie nun mit 1mM IPTG induzieren möchten. Ihre Stammlösung IPTG hat eine Konzentration von 250 mM.

Wieviel dieser Stammlösung müssen Sie zu der Bakterienkultur geben um eine Konzentration von 1mM IPTG zu erhalten? 






Aufgabe 2




Sie führen eine Proteinexpression des Insulin-Fusionsproteins durch. Hierzu haben sie eine 100 ml Bakterienkultur mit einer Übernachtkultur  (BL21-pRSETA-Insulin) auf eine OD578 = 0,2 angeimpft und bis zu einer OD578 = 0,8 wachsen lassen. Bei Erreichen der OD578 = 0,8 entnehmen sie ein Aliquot (vor Induktion) und induzieren die restliche Kultur mit 1mM IPTG. Nach 4h möchten sie die Expression des Insulin Fusionsproteins mittels SDS-Gelelektrophorese testen. Hierzu entnehmen sie ein weiteres Aliquot (nach Induktion). Von beiden Proben messen sie die OD578. Probe 1 zeigt eine OD578 von 0,8 (vor Induktion), Probe 2 (nach Induktion) zeigt eine eine OD578 von 1,4. Während man bei OD578 = 0,8 die Linearität der Konzentration zur Absorption gerade noch vernachlässigen und diesen Wert nehmen kann, liegt der Wert der zweiten Probe (nach Induktion) bei weitem nicht mehr im linearen Bereich. Diese Probe verdünnen sie nun im Verhältnis 1:4 und messen erneut. Die OD578 beträgt nun 0,38 (1:4 Verdünnung in 1 ml).

Sie wollen auf das Polyacrylamidgel jeweils eine OD578 von 0,1 auftragen. Hierzu müssen sie das entsprechende Volumen der jeweiligen Zellsuspension ausrechnen, die darin enthaltenen Zellen abzentrifugieren und in Probenpuffer aufnehmen. Berechnen sie das jeweilige Volumen der Zellsuspension, das einer OD578 = 0,1  entspricht.